B90/Die Grünen: Staatstragend für eine bessere Welt

Memet Kiliç (Heidelberg) : Redebeitrag bei der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Rostock am 24./25 November 2001

Vorbemerkung
Die Grünen waren Einigen immer ein Dorn im Auge. Diese erkennen mittlerweile die Verdienste der Grünen hinsichtlich der Liberalisierung dieser Republik endlich an. Exakt diese Gruppe kann jetzt auch nicht ertragen, daß die Grünen sich nicht nur für saubere Umwelt und pluralistische Demokratie in Deutschland, sondern auch staatstragend für eine bessere und friedliche Welt einsetzen.

Schmerzhafte Situation, schmerzhafte Entscheidung

Seit ich die Grünen kenne, redet man ständig von einer "Zerreißprobe für die Grünen". Welch ein starker Stoff muß diese grüne Partei wohl sein, daß sie trotz aller Strapazen noch nicht zerrissen ist.
Für Außenstehende sind die Herausforderungen für die Grünen sofort eine Zerreißprobe. Wer die Grünen jedoch als eine junge, dynamische Bürgerrechtspartei kennt, die auf die Einhaltung der Menschenrechte und des Friedens größten Wert legt, wird auch wissen, daß die bevorstehende Entscheidung über die Afghanistan-Politik für die Grünen eine sehr große Herausforderung, jedoch keine Zerreißprobe ist. Wir sind eine Partei und eine Seele. Wir halten zusammen. Das wird auch heute Abend der Fall sein. Die Gegner der Grünen werden sich schwarz und "weiss" ärgern.

Zugegeben es gibt eine Zerrissenheit. Diese Zerrissenheit ist die Zerrissenheit aller vernünftigen Menschen, die sich Gedanken über die ethischen Gesichtspunkte von militärischen Einsätzen machen. Von der Zerrissenheit was den militärischen Einsatz in Afghanistan anbetrifft, bin auch ich nicht befreit, wie die restliche Bevölkerung der BRD auch. Ich habe keinen getroffen, der "Hurra Krieg, heute und sofort" sagt. .....

Als ich vom im September 2001 mitten in den zähen Verhandlungen der Weltkonferenz gegen Rassismus erleben mußte, wie die USA mit unglaubwürdigen Vorwänden die Konferenz fast zum Scheitern gebracht hätte, habe ich zum ersten mal mit Deutlichkeit begriffen, wie wichtig der europäische Zusammenhalt und eine europäische unabhängige Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist. Die Beteiligung der europäischen NATO-Partner zur Bekämpfung des Terrorregimes der Taliban ist auch wichtig für die Entwicklung dieser unabhängigen europäischen Verteidigungspolitik.

Eine uneingeschränkte Solidarität ist nur dann zu bejahen, wenn diese auch Kritik erlaubt, Ratschläge akzeptiert und der Solidaritätspartner mit Informationen nicht spärlich ist.

Als brisante Frage bleibt jedoch, ob militärische Einsatz bejaht werden soll. Ich würde es auch bevorzugen, wenn die Taliban mit gutem Zureden zur Vernunft kommen würden. Jedoch ist es sichtlich nicht machbar. Die Taliban haben unter Einfluß von Wahabiten aus Saudi Arabien dem kulturellen Reichtum von Afghanistan den Krieg erklärt. .....

Herr Christian Ströbele hat gesagt, daß die Grünen die Sicherheitspakete von Herrn Schily zähneknirschend mit tragen müssen. In diesem Punkt müssen wir aufpassen. Nach dem 11. September sind einige Ordnungspolitiker aus ihren Büschen gesprungen, um die Gunst der Stunde zu nutzen, und versuchen einen Standard der inneren Sicherheit zu installieren, der seit Jahrzehnten in dieser Republik keine Mehrheit fand. Die Migranten werden zu gläsernen Menschen gemacht. Die Grünen sind die einzige politische Kraft in diesem Land, die Herrn Schily halbwegs bremsen können. Als Migrant habe ich den Luxus nicht, die Regierungsverantwortung Herrn Westerwelle oder Herrn Stoiber zu überlassen. Das ist auch eine Gewissensfrage. ...


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