STADTPOLITIK HEIDELBERG
Kommunalpolitisches Netzwerk
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Kommentare 2015/16


Heidelberger Schlossgarten: Die Sanierung dauert noch
- Zum Artikel der RNZ vom 8.7.2016 -

Mit einigem Befremden habe ich den heutigen Artikel gelesen mit dem dazugehörigen Bild eines ziemlich verwüsteten Schlossgartenrasens- dazu die kleinlauten, nebulösen Erklärungsversuche des Geschäftsführers der staatlichen Schlösser und Gärten, Michael Hörrmann, der den Flurschaden abzumildern versucht:

„Beauftragter Fachingenieur, exakter Wiederherstellungs-und Renovierungsbedarf des Grundstücks, es könnten schon noch 2 Vegetationsperioden vergehen, bis das Gras richtig Wurzeln geschlagen hat, spätestens übernächste Woche habe man den genauen Terminplan…“- wie bitte?? Das würde also bedeuten, daß die Folgen des Megafestes von Herrn Maguerre noch in 2 Jahren zu spüren sind ( erwähnt seien auch noch die beiden schweren Unfälle beim Abbau).

Nichts gegen Herrn Hörrmanns bestimmt lautere Absichten- aber soweit ich es beurteilen kann, hat er doch unter anderem die Aufgabe, als Geschäftsführer der staatlichen Schlösser und Gärten die historischen Parkanlagen mit ihrer Vegetation und ihrer Tierwelt für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, zu erhalten und vor allem zu schützen. Was den so sanierungsbedürftigen Rasen betrifft- habe ich im Frühling Fotos gemacht, da sah er noch wundervoll aus.

Der Schlosspark ist ein berühmter Anziehungspunkt für die ganze Welt und ein wunderbarer Erholungsort für die Heidelberger Bürger, er ist einmalig.

Private Megafeten, egal von welchem Auftraggeber, mit Auf und Abbauten über Wochen- ja jetzt schon Monaten, kann man überall machen, in Heidelberg und Umgebung gibt es mehr als genug Möglichkeiten, aber im Park haben die einfach nichts zu suchen.

Wie schon Herr Hörrmann so schön sagt: „…die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz ist ein wichtiger Wert“ da kann man ihm nur zustimmen.

Vera Bonsen 10.7.2016 - Bild: Memmer


Hoch soll er leben - zum Geburtstag des Heidelberger Theateroligarchen

Wahrscheinlich war das "Rich Bitch" auf der Oberteil-Rückseite einer der aus Osteuropa bestellten ultraschlanken Hostessen nicht Teil der offiziellen Inszenierung des Geburtstags von Wolfgang Marguerre, aber nichtsdestoweniger symptomatisch für die 4-tägige neofeudalistische Feier des Heidelberger Sponsoren. Dass ihm das Geprotze im Theater, auf dem Platz davor, in der Stadthalle und im Schloßpark nicht peinlich erschien, spricht für sich. Dankenswerterweise sind andere Sponsoren und Mäzene aus der Region weitaus zurückhaltender bei ihren Geburtstagsfeiern, was nicht nur daran liegen mag, dass sie mit ihren Millionen weit abgeschlagen hinter unserem Theateroligarchen liegen.

Stutzig machte die Errichtung von gewaltigen Pavillons, die nicht nur die Relationen des Schlossparks sprengten - einem Landschaftsschutzgebiet, das zudem der Heidelberger Gesamtanlagenschutzsatzung unterliegt, sondern auch, dass Eingriffe wie der über 6 Wochen gehende Auf- und Abbau während der Vegetationsperiode und der Laichzeit geschützter Amphibien möglich sind: das Heidelberger Umweltamt war offensichtlich nicht, wie eigentlich nötig, vorab einbezogen worden. Erst auf Hinweis eines Spaziergängers konnte es die Errichtung eines Amphibienschutzzaunes bewirken - nachdem die vorübergehende Bebauung der Schloßparkwiese weit vorangeschritten war mit der zwangsläufigen Folge, dass etliche Salamander, Bergmolche und Erdkröten unter den Materialmassen und Schwerlastern geplättet wurden. Der Geburtstag dieses Bürgers hat offensichtlich mehr Gewicht als Schäden am Artenspektrum, die nicht mit Geld aufzuwiegen sind. Weitere Schäden sind an den parkprägenden Bäumen dieses Bereichs zu erwarten: durch die gewaltigen Auflasten wurde der Boden massiv komprimiert und hat sich - trotz angeblicher Schutzmatten - abgesenkt mit der Gefährdung der lebenswichtigen Feinwurzeln - nicht kompensierbar mittels Bezahlung eines neuen Rasens durch Herrn Marguerre (oder - steuerlich absetzbar - seiner Firma?).

Dieser Präzedenzfall - und wenn es keiner war, dann war es privilegierte Behandlung eines Bürgers - läßt für die Zukunft zunehmende Nutzungen für private und kommerzielle Zwecke befürchten, die das Schloss zu einer Event-Kulisse degradieren. Wenn Menschen, deren Reichtum jedes vernünftige Maß sprengt, nach Durchschnittsverdiener-Kriterien besteuert würden, bräuchte es weder für Heidelberger noch für andere Einrichtungen Spender, die sich mit einem (steuerlich absetzbaren?) Griff in ihre Portokasse Einfluss und Anerkennung erwerben. Dass 2014 ausgerechnet im Marguerre-Saal Brechts "heilige Johanna der Schlachthöfe" aufgeführt wurde, läßt tief in die Widersprüche dieser Stadt blicken.

Gerd Guntermann,
Bezirksbeirat Altstadt (GAL)


Handschuhsheim schämt sich

Kaum konnte man titeln „die Wut ist verraucht- Handschuhsheim hilft“ wurde erneut ein Zeichen gegen Flüchtlinge gesetzt. Wohl unmittelbar nach der öffentlichen Bezirksbeiratssitzung, auf der zwei Bürgermeister und mehrere Amtsleiter den Bürgerinnen und Bürgern auch kritische Fragen zum Flüchtlingsheim im Weiher beantworteten, glaubten wohl andere, ihren Unmut außerhalb eines demokratischen Gremiums kundtun zu müssen. Anonym, simpel und dumpf, auf dem Eigentum eines unbeteiligten Bürgers, wurde diese Parole angebracht:

Asylant Merkel vergasen

und dazu ein nicht ganz gekonntes Hakenkreuz.

Das läßt sich nicht einfach abtun und als Entgleisung zur Seite schieben, das geht schon in die Nähe eines Aufrufes zu Mord an einem Mitglied des Verfassungsorgans. Für alle, die dies nach siebzig Jahren vergessen wollen, die Darstellung des Hakenkreuzes ist unverändert verboten, aus gutem Grunde, „vergasen“ ein Synonym für die Schreckensherrschaft der Nazis. Was nützen Gedenkveranstaltungen, wenn dennoch die Vergangenheit in dieser Art beschworen wird?

Der Schuppen, der herhalten mußte, befindet sich auf dem Weg von Dossenheim nach Handschuhsheim, unweit des Reitervereins und somit in der Nähe des geplanten Flüchtlingheimes. Vielfach wurde auf den Versammlungen von Anwohnern betont, wie sehr man sich um die Sicherheit der Frauen und Mädchen sorgen würde, die diesen Weg täglich nehmen. Es kann kein Zufall sein, daß man gerade hier, unübersehbar, diese Schmiererei findet.

Diejenigen, die federführend im Weiher für Aufruhr und lautstarken Protest stehen, sollten sich ihrer Verantwortung bewußt sein und sich deutlich von solchen Auswüchsen distanzieren.

Denn dies hier ist nur eins – widerwärtig!

Birgit Müller-Reiss 12.3.2016


Mieterverein fordert: In Mark-Twain-Village Nord geplante Bebauung aufstocken – Falscher Ort, falscher Weg

Der Rahmenplan für die Entwicklung sah ursprünglich eine moderate Neubebauung und Nachverdichtung vor, die an die Umgebungsbebauung angepasst war . Aus eigenwirtschaftlichen Gründen forderten die beteiligten Wohnungsbaugenossenschaften und die städtische Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz im Bebauungsplan bereits eine erhebliche höhere Bebauungsdichte. Jetzt will der Mieterverein noch draufsatteln und die Gebäude noch höher und größer bauen.

So kann man Städtebau nicht betreiben. Quartiere leben davon, dass die Menschen sich dort wohlfühlen. Die, die bereits in der Umgebung wohnen und die, die einmal hinziehen werden. Dies erfordert Freifläche und begrenzt auch die Höhe von Gebäuden. Die Planung in Mark-Twain-Village Nord ist bisher im bezug auf die Dichte gerade noch erträglich.

Es gibt durchaus an anderer Stelle die Möglichkeit, mehr Wohnungen zu bauen als geplant, etwa in der Bahnstadt. Hier werden in der mittleren Variante 5 000 Einwohner erwartet. Es sollen aber 7 000 Arbeitsplätze entstehen. Nach dieser Planung wird die Bahnstadt also zu einer vermehrten Nachfrage nach Wohnungen führen, nicht zu einer Entlastung des Wohnungsmarktes. Hier müssen statt Gewerbeflächen mehr Wohnungen entstehen.

Arnulf Weiler-Lorentz 28.1.2016


Flüchtlinge: Der Gemeinderat akzeptiert zentrale Aufnahmestelle in Heidelberg

Weder die Landes- noch die Kommunalverwaltung kommen mit dem Flüchtlingsstrom nach Deutschland zurecht. Unter dem dringlichen Handlungsbedarf leidet nicht nur die Kommunikation zwischen den verschiedenen Verwaltungsebene, selbst eine sorgfältige Darstellung von Daten und Problemen ist nicht mehr gewährleistet. Das ist das Fazit, das man aus der Sondersitzung des Gemeinderates ziehen muss, die sich in dieser Woche mit dem Thema beschäftigte.

Die Nerven liegen blank. Da ist „das Vertrauensverhältnis mit der Landesregierung in Schieflage geraten“ (O-Ton OB Würzner), weil der Oberbürgermeister aus der Presse entnehmen muss, dass die Landesregierung in Heidelberg eine zentrale Erstaufnahmeeinrichtung plant. Der  Landesbranddirektor Hermann Schröder  als Vertreter des Landes betont, dass die Landesregierung noch keine Entscheidung zum Ausbau der Einrichtung getroffen hätte. Es handle sich um einen Vorschlag, zu dem die Regierung um Zustimmung der Stadt Heidelberg bittet. Da werden von verschiedenen Akteuren unterschiedliche Aussagen zur Einhaltung von Vereinbarungen gemacht: Sozialdezernent Gerner spricht davon, dass von 14 bewilligten Stellen für die Sozial- und Verfahrensberatung der Flüchtlinge lediglich 5, 3 Stellen besetzt sind. Dies veranlasst Caritas und Diakonisches Werk, die diese Arbeit machen, unverzüglich zu der Korrektur, von den 14 Stellen seien lediglich 1,1 Stellen nicht besetzt.

Man darf den Beteiligten der öffentlichen Verwaltung die Haltung des Gemeinderates empfehlen: Er diskutierte das Thema weitgehend sachlich und zielgerichtet. Die meisten Stadträte und Stadträtinnen waren zwar verärgert über die Informationspolitik der Landesregierung. Sie brachten aber auch dafür Verständnis auf, dass eine Notsituation, wie sie die Entwicklung der Flüchtlingszahlen darstellt, nicht voraussehbar ist und nur schwer in Griff zu bekommen. Auch der Einrichtung einer zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Patrick Henry Village verschlossen sich die Räte - trotz Bedenken über die Größe - nicht grundsätzlich. Sie erkannten an, dass unter den jetzigen Umständen eine Erstaufnahmeeinrichtung mit entsprechenden Kapazitäten die einzige Lösung ist, die in Kürze im Land verwirklicht werden kann.


Arnulf Weiler-Lorentz 22.9.2015


Masterplan Universitätsgebiet im Gemeinderat: Grüne Fraktion stellt ökologische Positionen zur Disposition

„Ergebnisoffen“ war die Formel, die Stadtrat Manuel Steinbrenner gleich zweimal bemühte. Der Hauptsprecher der Grünen in der Diskussion um die Fortführung der Planungen zum Masterplan Neuenheimer Feld stellte mehrere bisherige grüne Positionen zur Disposition. Es gehe nicht darum, einzelne Varianten auszuschließen. Ein wirklich kooperativer Prozess mit der Universität solle begonnen werden. Natürlich gebe es auch Reizthemen, die sie mit Sorge erfüllten, so die mögliche Erschließung des Klausenpfades und die fünfte Neckarquerung. „Hier haben wir große Bedenken und möchten uns die Bedenken der Bürger weiterhin vor Augen halten“, so Steinbrenner. Man wolle aber nicht einzelne Lösungen ausschließen. Der grüne Stadtrat Peter Holschuh stellte klar, dass mit den Optionen für eine Verkehrserschließung auch solche Varianten geprüft werden sollen, die bisher von den Grünen strikt abgelehnte wurden. „Da ist sowohl die 5. Neckarquerung mitgemeint. Da ist die Erschließung über den Klausenpfad ermöglicht,“ so Holschuh. Die Zustimmung der Grünen ergab, zusammen mit den Stimmen der CDU und den übrigen bürgerlichen Parteien, eine klare Mehrheit für die Beschlussvorlage aus dem Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss.

Auch bei der Frage der Verkehrserschließung durch eine Straßenbahn hielten die Grünen nicht an früheren Positionen fest. Ein im März gefasster Beschluss des Gemeinderates hatte die Rücknahme der Klage der Universität gegen die Trassenführung einer Straßenbahn im Neuenheimer Feld zur Voraussetzung für eine weitere Arbeit am Masterplan gemacht. Die Grünen, die damals diesen Beschluss unterstützt hatten, lehnten diesmal einen wortgleichen Antrag der SPD-Fraktion ab.

Wenn man das Kommunalwahlprogramm der Grünen heranzieht, verblüfft dieser Richtungswechsel. Denn er bedeutet, offen zu sein gegenüber einer fünften Neckarquerung, einer Erschließung des Universitätsgebietes über den Klausenpfad, dem Verzicht auf eine Straßenbahn, wohl auch gegenüber einer Ausdehnung der Universtität ins Handschuhsheimer Feld und einem Zubringer Nord, wie sie die Universität bisher immer gefordert hat.

Im letzten Monat wurde das Buch "Intellektuelle in Heidelberg von 1910 bis 1933“ vorgestellt. Ein Bonmot in dieser Gesprächsrunde von heutigen Heidelberger Intellektuellen war "Heidelberg ist eine Universität, die sich ihre Stadt baut." Und ausgerechnet die Grünen fangen jetzt an, Widerstände gegen städtebauliche Forderungen der Universität abzuräumen, die ökologisch begründet sind?

Arnulf Weiler-Lorentz 30.7.2015

 

Beschluss des Gemeinderates am 23.7.2015:
Der Gemeinderat nimmt die Information über den Sachstand des Masterplans Neuenheimer Feld/Neckarbogen zur Kenntnis und beschließt, dass die Stadt gemeinsam mit der Universität unter Einbindung aller weiteren Akteure und Bürgerbeteiligung einen Masterplan Neuenheimer Feld einschließlich der verkehrlichen Erschließung erarbeitet.

Abstimmungsergebnis: beschlossen mit 36 : 8 : 1 Stimmen (ja:nein:Enthaltung)

Antrag der SPD-Fraktion:
Der Gemeinderat ist bereit, das Verfahren für einen verlässlichen Bebauungsplan für das Neuenheimer Feld über zusätzliche Mittel im Haushalt anzustoßen, so dass Universität und Institutionen im Neuenheimer Feld hier eine Planungssicherheit für die notwendigen Erweiterungen auf dem bestehenden Campus erhalten.
Eine Weiterentwicklung der verkehrlichen Erschließung des Neuenheimer Feldes wird im Rahmen der Erarbeitung des Masterplans und anschließender Festlegung im Bebauungsplan erfolgen. Der Startschuss für die Straßenbahn als wichtiges Verkehrsmittel muss umgehend erfolgen. Damit wird den Interessen der Universität und der Institutionen nach Planungssicherheit für ihre Zukunftsperspektiven Rechnung getragen. Somit hätten Stadt und Gemeinderat damit weitreichend den Interessen der Kläger sowohl mit der Abänderung des Planfeststellungsverfahrens sowie der Perspektivenabsicherung durch einen Masterplan mit anschließendem Bebauungsplan Rechnung getragen. Im Gegenzug verlangt der Gemeinderat, dass die Kläger die Klage gegen die Straßenbahn unverzüglich zurückziehen, sodass mit dem Bau der Straßenbahn begonnen werden kann.

Abstimmungsergebnis: abgelehnt mit 11 : 30 : 1 Stimme

Aus dem Kommunalwahlprogramm der Grünen (kursiv Kommentar) :

  • „Kein Autobahnzubringer durch das Flora-Fauna-Habitat – keine fünfte Neckarquerung“ war eine wichtige Forderung der Grünen bei der Kommunalwahl. Artenvielfalt zu erhalten und wiederherzustellen müsse ein wichtiges Ziel kommunaler Umweltpolitik sein. Das Naturschutzgebiet Altneckar sei dazu ein wichtiger Baustein. – Eine fünfte Neckarbrücke würde dieses Gebiet schwer beeinträchtigen. Dies wurde bereits 2005 durch das Schemel-Gutachten belegt.
  • Heidelberg sei eine Stadt, in der in verschiedenen Stadtgebieten Obst und Gemüse produziert werden. Der regionale Anbau und Vertrieb solle weiter gefördert werden, auch um kurze Wege bei der Versorgung zu erreichen, so das grüne Programm. – Das Handschuhsheimer Feld ist das wichtigste Gebiet in Heidelberg, in dem Obst und Gemüse in Heidelberg erzeugt wird.
  • Unter Flächenversiegelung liest man: „Aber trotz reger Bautätigkeit müssen wir Flächen sparen ... Bauliche Maßnahmen, die unvermeidlich sind, müssen nach geltendem Recht bestmöglich ökologisch begutachtet und ausgeglichen werden.“ – Für das Handschuhsheimer Feld zeigt das Schemel-Gutachten, dass ein ökologischer Ausgleich kaum möglich ist. Generell: Die Universität besitzt in Bergheim erhebliche Flächen, die nicht angemessen genutzt sind. Die Stadt entwickelt z.Z. 180 ha Konversionsfläche, die bereits versiegelt sind. Ein weiterer Ausbau der Universität ist auch hier möglich.

Undemokratische Bürgermeisterwahl

Die Stadt Heidelberg überrascht erneut mit einer undemokratischen Auslegung des Datenschutzes. Nachdem sie schon die Herausgabe von Audiodateien über öffentliche Gemeinderatssitzungen unter Hinweis auf den Datenschutz verweigert hat - insoweit ist ein Verwaltungsgerichtsverfahren in zweiter Instanz beim VHG Mannheim anhängig - teilt sie per Notiz in der RNZ v. 19.6.2015 mit, dass sich auf die demnächst zu besetzende Stelle eines ersten Bürgermeisters der Stadt außer dem Amtsinhaber Erichson noch drei weitere Bewerber gemeldet hätten, deren Namen allerdings aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt werden könnten. Der Leser erfährt außerdem, dass der Amtsinhaber als einziger der drei Bewerber schon am 7.5.2015 Gelegenheit erhalten hatte, vor dem Wahlgremium, dem Gemeinderat, sein Programm für die nächste Amtsperiode vorzustellen. In der RNZ vom 26.6.2015 wurde dann vermeldet, dass Amtsinhaber Erichson in der Gemeinderatssitzung vom 25.6.2015 für eine weitere Amtszeit gewählt worden sei.

An diesem Wahlverfahren hat, soweit ersichtlich, bisher niemand Anstoß genommen. Ein Leserbrief von mir an die RNZ, der dies Verfahren bemängelte, wurde nicht abgedruckt.

Auch in diesem Fall ist nicht einzusehen, dass die Öffentlichkeit nicht über die Identität des gesamten Bewerberfeldes für die Stelle eines Bürgermeisters informiert werden kann. Wer sich auf ein öffentliches Amt bewirbt, muss sich auch der öffentlichen Kontrolle durch die Bürger unterwerfen. Wer Kungelei und Strippenzieherei verhindern will, muss Bewerbungen um ausgeschriebene Stellen im öffentlichen Dienst für jedermann einsehbar und kontrollierbar machen. Die gegenwärtige Gesetzeslage, die bei der Ausschreibung von Stellen im öffentlichen Dienst keine Veröffentlichung des Bewerberfeldes vorsieht, ist daher als undemokratisch zu bezeichnen und bedarf der Korrektur. Dies gilt vor allem für die Stellen von Bürgermeistern, die ja nicht nur im Verborgenen in ihren Büros wirken, sondern auch immer wieder den Oberbürgermeister bei öffentlichen Repräsentationsaufgaben vertreten.

Die Anhörung nur des Amtsinhabers ist im Übrigen nicht nur ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip gewesen sondern auch gegen das Gleichheitsprinzip, das für alle Bewerber gilt. Man wäre auch interessiert zu wissen, ob die Stadt die drei weiteren Bewerber überhaupt befragt hat, ob sie gegen die Veröffentlichung ihrer Namen Einspruch erheben.

Dr. Dierk Helmken

Richter i.R.

Heidelberg


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